In Teil 1 unseres ausführliches Interviews hat Bernd Grohmann bereits seine Sicht zu WLAN-Lampen, IPv6 und der Cloud geteilt (hier zum Interview). Im zweiten Teil geht es weniger um die eigenen Produkte, sondern mehr um aktuelle Entwicklungen im Smart-Home und seine Meinung zu Mitbewerbern.
Neben dem Do-it-Yourself-Markt forcieren Sie das Geschäft mit den Fachhandwerkern. Wie hat sich das Geschäft entwickelt?
Grohmann: Wir haben auch hier sehr gute Zuwachsraten. Wir sind mittlerweile mit 2.000 Fachhandwerken unterwegs. Das Verhältnis von Bestand zu Neubau ist ja eigentlich recht klar: 98 Prozent sind Bestand und weniger als zwei Prozent werden pro Jahr neu gebaut. Das Geschäft, also die Umsatzzahlen, mit Homematic IP steht aber nicht mehr in diesem Verhältnis. Das Wachstum im Neubau ist höher als das Wachstum bei der Nachrüstung, auch wenn dieses natürlich absolut weitaus größer bleibt. Das liegt daran, dass es im Neubau inzwischen zum Standard wird, Smart Home einzubauen, und da sind wir als Hersteller ganz vorne dabei. Es setzt sich aber auch das Verständnis durch, dass es in 10 bis 20 Jahren wohl genauso schwer wird, ein Haus ohne Home Control zu verkaufen wie seit 10 bis 20 Jahren ein Auto ohne Klimaanlage.
Die Frage ist hier ja: Baue ich mir Bluetooth in eine Unterputzdose in mein neues Haus? Weniger gut. Oder baue ich mir Geräte von einem Hersteller ein, bei dem ich auf dem Foto schon sehe, dass sie normverletzend sind? Nehme ich KNX für 20.000 Euro? Vielleicht wenn ich für 2 Millionen Euro baue und mich nicht selbst kümmere. Aber bei einer Nettobausumme zwischen 200.000 und 400.000 Euro?
Außerdem wäre das ja so, als ob ich vor zehn Jahren in meiner Firma noch eine Nebenstellenanlage mit ISDN-Telefonen installiert hätte. Was ist eigentlich aus den ISDN-Herstellern geworden? Oder nehme ich ein veraltetes System aus den 80er Jahren? Das wäre so als hätte ich mir vor fünf Jahren eine ISDN-Telefonanlage gekauft.
Sie wissen ja selbst, dass es Gründe gibt, warum manche beispielsweise auf den Standard KNX oder die Technik vom österreichischen Loxone setzen. Die haben auch Vorteile.
Ganz ehrlich, ich wüsste jetzt spontan keinen, der für Verbraucher relevant ist. Warum möchte jemand heute noch ein teures, veraltetes System nehmen, das nicht auf IPv6 basiert? KNX spielt immer noch eine Rolle, weil es von großen Herstellern angeboten wird und heute im Zweckbau und bei sehr teuren Wohnimmobilien verwendet wird. Loxone zielt auf fast das gleiche Segment sehr teurer Wohnimmobilien wie KNX.
Homematic IP ist ein offenes System, bietet als BUS- und Funksystem mit über 100 Geräten eine Flexibilität, mit der alle Bereiche der Home Control abgedeckt werden und ist als einziges bezüglich seiner Protokoll-, IT- und Datensicherheit vom VDE zertifiziert. Auch mit der rechtlich verbindlichen Zusicherung einer Verfügbarkeit bis mindestens Ende 2030 plus kompatiblen Lösungen danach setzt sich Homematic IP im Markt für den Kunden positiv ab.
Darüber hinaus kann Homematic IP mit Produkten von Partnern wie Mediola kombiniert werden. Mit mehr als 3.000 unterstützen Produkten von mehr als 100 Herstellern eröffnet sich eine extrem breite Plattform für die Integration. Ich wüsste daher von Loxone gegenüber Homematic IP in Kombination mit der App und Integration von Mediola keinen Vorteil. Das zeigen ja im Übrigen ja auch die Marktzahlen von Berg Insight sehr deutlich. eQ-3 hat mit eigenen Marken und OEM-Produkten einen Anteil von 40 % der installierten Basis aller Whole-Home-Systeme in Europa.
Also ich sehe schon Vorteile.
Sicherlich hat jedes System seine Vorteile. Wir zielen aber auch auf die Masse der Neubauten und ermöglichen Smart Home für 1-2% Mehrkosten im Vergleich zu Nettobausumme. Außerdem ist es müßig, über Vorteile zu reden, wenn simple Grundvoraussetzungen nicht gegeben sind. In Europa gibt es Richtlinien, welche die Verkehrsfähigkeit von Produkten bestimmen. Das wird dem Verbraucher mit dem „CE“-Zeichen signalisiert. Was aber wenn ein Produkt die dafür essentiellen Normen verletzt? Oder wenn das Produkt in der Praxis Sicherheitsnormen bezüglich der Installation verletzt?
Von welchem Produkt meinen Sie, dass es die Norm verletzt?
Sie haben einen österreichischen Hersteller erwähnt. Ob ein Anschluss mit Schraubklemmen noch zeitgemäß ist, wäre eine Frage. Nun sind die Abstände zwischen vertikal übereinander liegenden Reihen stark reduziert, weil die Klemmen weit aus den Geräten in den Installationsraum im Verteilerschrank hineinragen. Die Verantwortung ganz allein auf den Elektriker zu schieben, käme bei uns nicht vor.
Besonders kritisch wird es, wenn auch innerhalb von Gehäusen normativ festgelegte Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden oder wenn sich Geräte stark erhitzen. Bei WLAN und Bluetooth können wir wohl davon ausgehen, dass die Masse der angebotenen 230V-Produkte Sicherheitsnormen verletzt. Hier sind bei weitem nicht nur asiatische Hersteller zu kritisieren. Auch Hersteller aus der EU sind teilweise „kreativ“ bei der Auswahl – d.h. vor allem der Vermeidung – der vorgeschriebenen Anwendung von Normen und finden Prüflabore, die eine Zertifizierung mit Erläuterungen zu Produkten vornehmen, die mindestens „ungewöhnlich“ zu nennen sind und beim VDE niemals entsprechende Tests bestehen würden.
Welche Gefahren entstehen dadurch für den Hauseigentümer oder den Installateur?
Zuerst einmal, weil es hier wirklich reale Sicherheitsprobleme gibt. Die Normen sind definiert, um das Risiko von Brand und elektrischem Schlag auszuschließen. Wer einmal einen Lichtbogen von 230 V gesehen hat, versteht, welche Energie hier hinter unscheinbarer Technik steckt. Wer möchte seine Familie solchen Risiken aussetzen?
Für den Installateur ergibt sich ein zivil- und auch strafrechtliches Haftungsrisiko. Genau deshalb bestehen die meisten Installateure auf das VDE-Prüfzeichen für alle im Verteiler eingesetzten Produkte. Praktisch alle Produkte der großen, etablierten Schalterhersteller lassen die Gerätesicherheit vom VDE prüfen. Auch die Homematic IP Wired-Produkte tragen das VDE Prüfzeichen.
Darüber hinaus hat ein Installateur ein sehr reales Gewährleistungsproblem. Sind Installationen mangelhaft, was gutachterlich leicht feststellbar ist, ergibt sich ein hohes Risiko für Kosten, das heißt auch Schadenersatz in der Abnahme und selbst Jahre später aus Mängelrügen. Für Planer und Architekten, die den Einsatz der Produkte spezifiziert haben, besteht ein Haftungsrisiko sogar noch viel länger als für die vier oder fünf Jahre Gewährleistung.
Der Hausbesitzer kann vor einem massiven Problem beim späteren Verkauf der Immobilie stehen: Ein Gebäude, bei dem Normen zur Elektroninstallation verletzt werden oder Geräte eingebaut wurden, die sich später als normverletzend erwiesen haben, ist in der Praxis unverkäuflich. Eine Inspektion vor Kauf führt solche Mängel schnell zu Tage. Aber selbst nach einem Verkauf kommt schnell der Vorwurf und ein Schadenersatzanspruch aus dem „arglistigen Verschweigen von Mängeln“. Hier gibt es rechtlich sogar eine arglistige Nichtkenntnis, wenn Mängel zu vermuten wären, die leicht auslösbar ist.
Wenn wir den Blick auf neuesten Entwicklungen im Smart-Home-Markt werfen. Wie sehen Sie denn die Erfolgsaussichten, dass CHIP das Smart-Home vereinheitlicht – also das Projekt Connected Home over IP, an dem Konzerne wie Apple, Google und Amazon beteiligt sind?
Wie groß ist die Chance, dass Apple und Google tatsächlich etwas gemeinsam machen? Haben Sie schon mal erlebt, dass Apple irgendetwas Neues mit offenen Schnittstellen entwickelt, die jeder frei benutzen darf und andere Hersteller gleichzeitig einsetzen?
CHIP ist eine Arbeitsgruppe von Zigbee. Warum entwickelt Zigbee CHIP, wenn es doch seit 2012 Zigbee IP und heute auch OpenThread gibt? Also, das sind so Sachen, die nicht so recht zu verstehen sind. Oder eben doch. Vor Zigbee IP gab es die ipso („IP for Sensor Objects“ als Allianz), die IPv6 aus der IETF (Internet Engineering Task Force, Organisation zur technischen Weiterentwicklung des Internets, Anm. der Verf.) in den Markt tragen wollte. Nach der Bekanntgabe von Zigbee IP wurde es rasch leise um ipso. Thread hat sich dann später mit dem gleichen Ziel wie ipso später formiert. Google ist beigetreten und hat seit 2018 sehr viel Software zur Verfügung gestellt. OpenThread. Sogar Apple ist Anfang 2019 beigetreten. Und Ende 2019 wird CHIP als Arbeitsgruppe in Zigbee mit großer Fanfare vorgestellt? Was ist seitdem geschehen? Die Webseite von CHIP bei Zigbee wurde nicht verändert. Mir fällt dazu der Satz „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“ ein.
Es gibt doch Zigbee DotDot, das mit Thread kompatibel sein soll.
Thread wollte einen offenen Kampf mit Zigbee vermeiden und hat keine eigene Applikationsschicht entwickelt. Außerdem gibt es ja im Internet auch noch andere Applikationsprotokolle, die man nutzen könnte. Rückblickend lag hierin wohl einer der größten Fehler von Thread.
Zigbee hat sein Applikationsprotokoll als „DotDot“ angeboten und Thread umarmt. Was ist daraus geworden? Den Erfolg mit Philips Hue und darauffolgend mit Licht allgemein hatte Zigbee erst danach.
Mit DotDot hat Thread genau die gleichen Probleme wie bei Zigbee mit der Applikation, ohne selbst die Kontrolle über die Spezifikation zu haben. Das funktioniert einfach genau so wenig wie Zigbee. Gerade auch deswegen ist Thread nicht vorwärtsgekommen.
Was ist wirklich das erste Hauptinteresse von Zigbee? Zigbee muss seine Gehälter zahlen, die Manager dort möchten mehr Mitarbeiter und dafür werden steigende Mitgliedsgebühren benötigt. Ist Zigbee wirtschaftlich ein Erfolg? Ja, weil es in den letzten 18 Jahren fast jedes Jahr gelungen ist, die Mitgliedsbeiträge zu steigern. Das hat sich durch CHIP nicht verändert. Das erste Jahrzehnt wurde Zigbee von Global Inventures organisiert, die dafür aus den Mitgliedsbeiträgen bezahlt wurden. Unter Tobin Richardson als Präsident und CEO wurde das beendet und seitdem wächst das eigene Personal.
Sie sind also ein bisschen skeptisch, dass sich die Mitglieder von CHIP einigen?
Mit Apple, Amazon, Google, Samsung, Siemens, Ikea, Infineon und Schneider Electric in einer Gruppe, wird es ganz sicher nicht leichter, einen soliden technischen Standard zu kreieren. Warum ist das in Zigbee denn auch seit nun schon über 15 Jahre gescheitert?
Ich wünsche mir aber wirklich, dass es insgesamt vorwärts geht mit IP und insgesamt der Standardisierung. Mit Homematic IP sind wir dafür in einer sehr komfortablen Position.
Ist für Sie dann Thread etwa gestorben?
Ich weiß es nicht. Apple hat jetzt offenbar IPv6 über Bluetooth in Thread durchgesetzt. Also gibt es nun 2 verschiedene, inkompatible Radios im 2,4 GHz Band, die – das kommt hinzu – unter Interferenz von WLAN leiden. Wettbewerber von Thread sind hier ZigBee (nur IEEE802.15.4) und WLAN. Allen gemeinsam ist, dass IPv6 als der zukünftige Standard gesehen wird. Z-Wave oder auch EnOcean und KNX dürften das mit Sorge beobachten. Aber wer glaubt denn noch, dass Home Control und das Internet der Dinge nicht auf IPv6 basieren werden?
Reicht es denn nicht aus zu sagen, „IPv6 ist der Standard und basta“?
Mit IPv6 als Netzwerkschicht scheint es mit den Gemeinsamkeiten bei den Protagonisten schon wieder vorbei zu sein: Beim PHY/Radio kristallisiert sich kein einheitlicher Standard heraus. Apple hat jetzt auch Bluetooth in Thread durchgesetzt. Das kann ZigBee mit IEEE802.15.4 wohl kaum gefallen. Apple ist der einzige der „Großen“ mit Bluetooth. Der iPod Mini unterstützt Bluetooth und damit Thread.
Ist die Einigkeit in CHIP schon wieder dahin, bevor es fertig ist? Macht jeder was er will, weil freie Interoperabilität gar nicht wirklich angestrebt wird?
Bei der Applikations-Schicht ist es noch problematischer: Da hat jeder seinen präferierten „Standard“. Nur Apple setzt auf Homekit. Google hat das Protokoll von NEST. Auch die Anlernprozeduren und die Security unterscheiden sich deutlich. So ist zum Beispiel Infineon davon überzeugt, dass es bei CHIP nötig ist, TPM-Technik (Trusted Platform Module, Anm. d. Verf.) für die Security einzubringen. Apple, ZigBee und Thread nutzen hingegen jeweils eine andere Technik. Für Interoperabilität wird so gegenüber der heutigen Situation nichts gewonnen. Einen Standard wird es nur geben, wenn eine Einigung erzielt wird.
Bei Thread kommt hinzu, dass es einfach ein paar dicke Webfehler bekommen hat, die auch nicht wirklich IP-konform sind. Also zum Beispiel gibt es bei Thread einen Routing Locator, RLOC genannt. Das ist die Adresse des Geräts in 16 Bit, das passt sehr gut zu den sogenannten Zigbee-Chips. Leider macht Thread es so, dass wenn Sie Ihre Fernbedienung in den Funk-Bereich eines anderen Access Points oder Routers bringen, sich der Routing Locator ändert, also die Adresse des Geräts. Das heißt, Sie haben das gleiche unschöne Verfahren, wie Sie es auch bei Zigbee haben. Wie soll ich da ein Gerät ansprechen? Welche Adresse nutze ich in der Security? Also muss noch eine weitere Adresse her. Kompliziert.
Dem gegenüber hat ein Homematic IP-Gerät, wenn es einmal installiert ist, immer eine feste IP-Adresse. Es hat eine 24 Bit Mac-Adresse, welche die letzten 24 Bit der IP-Adresse von diesem Gerät sind. Homematic IP ist einfacher, weil wir a) Erfahrungen mit Markt, Applikation und Geräten haben und b) keinen Konsens mit faulen Kompromissen und mehrfachen Teil-Lösungen für die gleichen Probleme herstellen müssen. Wer sich erinnert: Das ist auch der Grund, warum TCP/IP gegen ISO/OSI, X.400 und andere Standards gewonnen hat.
Haben Sie Thread, CHIP und Co. aufgegeben?
Wir hoffen, dass sich ein Standard durchsetzen wird. Von IPv6 gehen wir fest aus. Da Homematic IP bereits auf IPv6 basiert, wird die Integration für uns einfach, was gut für unsere Kunden ist.
Es wird zunächst Produkte geben, die zu CHIP oder Thread „compliant“ sein sollen, aber trotzdem nicht miteinander sprechen. Wie bei Bluetooth in der Automationstechnik oder auch in ZigBee. Es wird noch Jahre dauern, bis alle verstehen, was benötigt wird und bis sich alle einigen. Mit den Anforderungen für Gebäude, die Wohnungswirtschaft oder energetische Applikationen wird das alles noch komplizierter. Das könnte sich aber auch alles ohne Ende fortsetzen. Was ist eigentlich aus DECT/ULE, der HGI („Home Gateway Initiative“) oder OSGi geworden?
Wenn wir schon von Standards sprechen. Es gab ja die Ankündigung, dass Sie EEBUS integrieren – also die Kommunikationsschnelle, um Geräte energetisch miteinander zu vernetzen. Geht da was voran?
Wir haben nach wie vor den Plan, den EEBUS zu unterstützen, wenn er stärker in Geräten verbreitet ist. Es gibt eine Heizungstherme von Vaillant, Wechselrichter von SMA. Bei der Masse dieser beiden Hersteller ist ein EEBUS-Interface nicht Standard. Auch nicht bei anderen Herstellern. EEBUS hat heute erst eine sehr kleine Verbreitung. Davon kann ich keine EEBUS-Implementierung bezahlen. Stand heute fehlt bei EEBUS die Marktdurchdringung, damit sich die Integration lohnt.
Zuletzt hat sich die Industrie mit Elektromobilität in Richtung EEBUS entwickelt. EEBUS kann als Sprache gesehen werden, die Geräte sprechen. EEBUS nutzt einen gewöhnlichen TCP/IP Stack. Das ist gut. EEBUS definiert Use Cases und hat Datenmodelle.
Aber wer entwickelt, vermarktet und liefert eigentlich die Applikation? Wer steuert die Geräte mit der dazu notwendigen Logik? Heute ist das bilateral zwischen Herstellern. Auf Dauer wird EEBUS so allein aber nicht als Standard wachsen und sich durchsetzen.
Der TCP/IP-Stack von EEBUS ist für eine Nutzung im Haus definiert. Auch die Applikation, mit der EEBUS die Geräte steuert, soll im Haus sein. Wird EEBUS mit lokalen Zentralen in Millionen von Haushalten bzw. Gebäuden gesteuert, die als Produkt tausende von Geräten von hunderten von Herstellern unterstützen? Wer soll dafür Entwicklung und Wartung bezahlen?
Fast alle Hersteller haben auch eigene Cloud-Lösungen. Wird Cloud-zu-Cloud-Integration zur Konkurrenz von EEBUS? Oder wäre das auch eine Chance für den EEBUS?
Und wer ist jetzt der Konkurrent von EEBUS?
Ich sehe Cloud-Lösungen mit JSON-API, die also im Prinzip die gleichen Daten wie EEBUS nutzen, aber in einer Cloud-to-Cloud-API mit JSON-formatierten Daten – das geht heute viel einfacher. MQTT erfreut sich bei cloudbasierten IOT-Lösungen auch recht großer Beliebtheit.
Ein weit verbreiteter Funkstandard neben Homematic IP ist Z-Wave. Ich habe den Eindruck, dass es ein bisschen ruhiger um Z-Wave geworden ist. Was ist Ihr Empfinden?
Es gibt Z-Wave, es gibt Z-Wave-Plus und es gibt auch noch ein Z-Wave-Europe-Logo. Alle sollen Interoperabilität bestätigen. Allein das ist doch schon ein klares Zeichen dafür, dass die Interoperabilität von Z-Wave problematisch ist.
Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass Z-Wave – auch mit seiner allerneuesten „S2 – immer noch massive Sicherheitsprobleme hat. Forscher an der Hochschule Emden haben gezeigt, dass die Alarmanlage von ABUS damit für 2 oder auch 20 Minuten außer Gefacht gesetzt werden kann, ohne dass dies als „Jamming“ erkennbar oder ortbar wäre. Die Hardware dafür kostet bei Amazon 20 Euro.
Das Problem war bei Silicon Labs als Eigentümer von Z-Wave für mehr als 9 Monate bekannt. Deren neueste Version behebt das Problem nicht, auch wenn das behauptet wird. Das verwundert nicht, weil es sich nicht um einen Programmierfehler, sondern ein ganz grundlegendes Problem in der Protokollarchitektur handelt.
Z-Wave basiert als einziger Standard auf sogenanntem Source Routing, was überhaupt in der Tele- und Datenkommunikation extrem selten ist. Dabei ist die Routing-Funktion in Z-Wave vollkommen ungeschützt.
Es fragt sich, ob jemand noch genug in Z-Wave investieren wird, um die Probleme zu beheben. Es bleibt zu befürchten oder zu erwarten, dass Silicon Labs Z-Wave zwar fortsetzen und den Kaufpreis dafür über mehrere Jahre einfach abschreiben wird, das heißt auch um eine Sonderabschreibung zu vermeiden. Immerhin geht es um 240 Millionen US-Dollar. Was danach geschieht, bleibt abzuwarten.
Eine letzte Frage: Was mich etwas wundert, dass Sie das nicht anbieten. Bei KNX gibt es beispielsweise einen BUS-Ankoppler. Auf den kann ich verschiedene Bedienteile setzen, also beispielsweise ein Display, einen Taster oder ein Bewegungsmelder. Warum gibt es so etwas nicht für Homematic IP?
Unsere Produkte sind schon heute ähnlich modular aufgebaut und wir bewegen uns definitiv auf einem sehr plattform-orientierten Pfad.
Uns geht es aber eben auch sehr darum, unsere Produkte für den Anwender einfach auswählbar und einsetzbar zu machen. So verständlich wie ein Baukastensystem für Sie oder mich ist, für einen Anwender ist das eher komplex und schwierig. Modularität kostet auch mehr Geld im Vergleich zu integrierten Produkten. Wir haben die Stückzahlen, dass wir uns spezialisierte Produkte leisten können und geben diese Vorteil an die Kunden weiter. KNX zielt auf einen anderen Markt als Homematic IP.
Vielen Dank für das Gespräch!