Es ist schon interessant, wie es Netatmo immer wieder schafft, eigentlich unattraktiven Produkten Sex-Appeal zu verleihen. Zu sehen war das etwa an der Netatmo Wetterstation, am Smart Thermostat für die Heizung und der Innenraum-Überwachungskamera Welcome. Was vorher nur etwas für eine Nische war, wird bei Netatmo zum Produkt für die breite Masse.
Mit Netatmo Presence soll die Outdoor-Überwachungskamera eine Evolution erfahren. Das Außergewöhnliche an ihr: Sie kann zwischen Menschen, Fahrzeugen und Tieren unterschieden. Dass Netatmo die intelligente Analyse des Videobilds beherrscht, hat bereits Welcome gezeigt. Die Kamera kann Gesichter erkennen und weiß so, wer nach Hause kommt.
Unauffällige Überwachungskamera
Was so manchen vom Kauf einer Überwachungskamera abhält, ist das Äußere. Denn häufig verunstalten sie die Außenfassade vom Haus und lassen schnell das Gefühl entstehen, dass man sich in einem Hochsicherheitsbereich befindet. Ebenfalls ein Problem: Es gibt keinen Strom an der Stelle, wo man die Kamera montieren will. Und ein extra Stromkabel zu verlegen, kommt nicht für jeden in Frage.
All diese Probleme gibt es bei Netatmo Presence nicht. Die Kamera lässt sich ganz einfach dort montieren, wo sich normalerweise die Außenleuchte befindet und es Strom gibt. Denn Netatmo Presence besitzt ein Flutlicht, sodass man auch nach dem Umbau nicht im Dunkeln steht.
Dass Presence eine Kamera besitzt, wird vielen überhaupt nicht auffallen. Denn sie erkennt man erst beim näheren Betrachten. Das Gefühl der ständigen Überwachung entsteht so erst überhaupt nicht. Dazu trägt bei, dass Presence mit seinem minimalistischen Design und der Aluminium-Optik äußerst modern wirkt. Der Schein trügt jedoch ein wenig. Das Gehäuse besteht größtenteils aus Kunststoff, der aber einen stabilen Eindruck macht.
Außenleuchte einfach ersetzen
Die Montage der Presence erklärt die mitgelieferte Bedienungsanleitung Schritt für Schritt: wie man sie also ans Stromnetz anschließt und montiert. Die Presence verbindet man dabei wie viele Leuchten über eine Lüsterklemme mit dem Strom. Was viele nicht wissen, solche Arbeiten darf eigentlich nur ein ausgebildeter Elektriker ausführen. Viele Hobbyhandwerker werden sie jedoch nicht davon abbringen lassen, die Kamera selbst anzuschließen. Ist das erledigt, lässt sich die Kamera nach oben und unten sowie rechts und links ausrichten, damit sie genau den gewünschten Bereich aufnimmt.
Danach geht’s ans Einrichten über ein Smartphone oder Tablet. Man installiert und öffnet die App „Netatmo Security“ (Android und iOS). Sie ist nicht alleine zur Steuerung der Presence da, sondern sie verbindet sich auch mit der Innenüberwachungskamera Welcome sowie dem Tür-Fensterkontakt namens Tag.
Die Kamera komfortabel per App einrichten
Nachdem man in der App ein Benutzerkonto angelegt hat, führt sie einen durch die einzelnen Schritte der Einrichtung. Dabei fordert sie einen dazu auf, Bluetooth auf dem Smartphone zu aktivieren, falls noch nicht geschehen. Denn darüber nimmt das Smartphone Erstkontakt mit der Kamera auf. Später verbindet man die Kamera mit dem WLAN zu Hause, worüber sie fortan mit dem Smartphone kommuniziert.
Das kann manchmal zu Problemen führen. Denn durch die Außenwände wird das WLAN-Signal häufig stark gedämpft, sodass es bei der Kamera zu schwach ist. Sollte das der Fall sein, helfen WLAN-Repeater weiter.
Automatisches Anpassen der Bildqualität
Nach der Ersteinrichtung erklärt die App die grundlegenden Funktionen, sodass man sich schnell in der App zurechtfindet. Und einen Fingertipp später hat man bereits das Live-Bild der Kamera vor Augen. Dabei fällt auf, dass das Bild zunächst etwas unscharf wirkt und erst allmählich schärfer wird. Das liegt daran, dass Netatmo die Bildqualität an die verfügbare Übertragungsgeschwindigkeit anpasst. Damit der Stream in der App sofort starten kann, wird erst einmal eine schlechtere Qualität gewählt. Besteht ausreichend Bandbreite, wechselt die Auflösung auf Full-HD. Das ist auch die Qualität, in der die Aufnahmen gespeichert werden. Also in einer Auflösung, bei der selbst feine Details erkennbar sind.
Auch bei Dunkelheit sieht man mit der Kamera gut, was vor der dem Haus passiert. Wenn auch in Schwarz-Weiß, so wie es bei allen Kameras mit Infrarot-Licht der Fall ist. Das integrierte Mikrofon liefert den Ton dazu. Es ist recht sensibel, sodass noch Geräusche in 10 Meter Entfernung zu hören sind.
Ein Lautsprecher fehlt der Kamera jedoch, um mit einer Person vor der Kamera zu sprechen. Das würde sich beispielsweise anbieten, wenn die Netatmo Presence bei der Haustür installiert ist. So könnte man jemand sagen, dass er noch etwas warten soll, bis man nach Hause kommt. Oder man erklärt dem Postboten, dass er das Paket beim Nachbarn abgeben soll.
Menschen, Fahrzeugen oder Tieren lösen Aufnahme aus
Die Info, dass jemand vor der Tür steht, bekommt man per Push-Benachrichtigung auf das Smartphone. Gleichzeitig startet die Videoaufnahme. Sofern man das will. Denn in der App hat man für Menschen, Fahrzeugen, Tiere und „andere Bewegungen“ je drei Einstelloptionen: „Ignorieren“, „Aufzeichnen“ sowie „Aufzeichnen und benachrichtigen“. Zusätzlich kann der Nutzer einstellen, in welchem Zeitraum er Benachrichtigungen erhalten will, um beispielsweise nachts von ihnen nicht geweckt zu werden.
Diese Einstellungen sind für alle angelegten Nutzer gleich. Wenn also die Tochter benachrichtigt werden will, wenn die Katze vor der Haustür ist, der Vater aber nicht, geht das nicht.
Die Unterscheidung der Kamera zwischen Menschen, Fahrzeugen und Tieren hat bei uns recht gut funktioniert. Jedoch nicht in allen Fällen. Wer also sichergehen will, dass Einbrecher auf jeden Fall aufgezeichnet werden, sollte bei „Menschen“, „Fahrzeugen“, „Tiere“ und „Andere Bewegungen“ das Aufzeichnen aktivieren.
Erkennungsbereich anpassen
Um möglichst wenig Fehlalarme zu produzieren, könnt ihr den Erkennungsbereich der Kamera begrenzen. So seid beispielsweise in der Lage die Hecke auszuschließen, die durch die Bewegung der Äste bei starkem Wind eine Benachrichtigung auslöst.
Die Video-Aufnahme manuell zu starten, ist nicht vorgesehen. Genauso wenig wie ein Foto vom Live-Bild zu schießen. Vermissen wird man es kaum, da ja alle interessanten Momente sowieso aufgezeichnet werden.
Die Videoaufnahmen landen auf der integrierten 8 GB SD-Karte. Ein Backup der Aufnahmen lässt sich beim Cloud-Speicher Dropbox ablegen oder auf einem FTP-Server. Dadurch bringt es einem Einbrecher nichts, die Kamera mitzunehmen. Ist die SD-Karte voll, werden die ältesten Videos überschrieben. Um einzelnen Videos zu sichern, kann man sie über die App oder die Bedien-Oberfläche im Web-Browser herunterladen. Wir hatten beispielsweise während der Testphase einen Fuchs und ein Eichhörnchen vor der Linse, wovon wir die Videos behalten wollten.
Praktisch ist, dass sich die Überwachung in der App auch deaktivieren lässt – zum Beispiel, wenn man vor der Haustür unbeobachtet arbeiten will.
Selektives Flutlicht
Auch für das Flutlicht der Kamera lässt sich auswählen, wann es sich einschalten soll: ob nur bei Menschen oder auch bei Fahrzeugen, Tieren und anderen Bewegungen. Jedoch nicht, wie lange das Licht anbleiben soll. Es sind immer zwei Minuten.
Was bei der Bewegungserkennung für das Flutlicht auffällt: Sie braucht länger als bei einem gewöhnlichen Bewegungsmelder. Ein gewöhnlicher Bewegungsmelder reagiert sofort, bei Presence dauert es rund eine Sekunde. Ist ja auch verständlich, da das Videobild analysiert und entschieden werden muss, ob das Licht angehen soll.
Ins Smart-Home integrieren per IFTTT
Was äußerst nützlich ist: Presence lässt sich mit dem Dienst IFTTT verknüpfen. Dadurch könnt ihr euch bei einer Bewegung auch eine Benachrichtigung per SMS oder E-Mail schicken lassen. Und ihr seid auch in der Lage, die Kamera mit einem Smart-Home-System zu verbinden, das IFTTT ebenfalls unterstützt. Das sind beispielsweise Devolo Home Control, Homee oder Philips Hue.
Steckbrief | |
System | Netatmo Presence |
Preis | 300 Euro |
Monatl. Kosten Live-Stream / Aufnahme | 0 / 0 Euro |
Verbrauch Video an / Video aus | 4,0 / 3,5 Watt |
LAN / WLAN | nein / b,g,n (2,4 GHz) |
Ausstattung | |
Max. Videoauflösung | 1080p |
Mikrofon | ja |
Lautsprecher | nein |
Akku | nein |
IR-Licht | ja |
App: Android / iOS / Windows Phone | ja / ja / nein |
Funktionen | |
Gegensprechen | nein |
Aufzeichung lokal / Cloud | ja / optional |
Bewegungserkennung | ja |
Geräusch als Auslöser | nein |
Benachrichtigung: Push / SMS bzw. Anruf / E-Mail | ja / per IFTTT / per IFTTT |
Zeitpläne | ja |
In Smart-Home-System integrierbar | per IFTTT |
Sonstiges | Unterscheidung zwischen Menschen, Fahrzeugen, Tieren |
Netatmo Presence Test: Fazit
Bewertung im Detail
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Bildqualität
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Klangqualität
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Bedienung
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Einsteiger-Freundlichkeit
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Ausstattung
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Verarbeitung
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Preis/Leistung
Eine Überwachungskamera mit einem Flutlicht zu versehen, ist eine clevere Idee. Denn so lässt sie einfach anstelle eines Außenlichts montieren. Ebenso clever: die Unterscheidung zwischen Menschen, Fahrzeugen und Tieren. Denn so wird man nur bei einer relevanten Bewegung benachrichtigt, Fehlalarme werden minimiert. Zudem geht das Licht nur wenn nötig an. 100 Prozent zuverlässig funktioniert die Unterscheidung jedoch nicht.
Wir können Netatmo Presence auf jeden Fall empfehlen. Denn bislang hatten wir noch keine Außenkamera in den Händen, die sich so einfach installieren lässt und sich so unauffällig in die Außenfassade integriert.
Mehr Infos: Netatmo / netatmo.com