Wessen Beruf darin besteht, über Smart-Home zu schreiben, hat ein großes Problem, wenn es auf einmal darum geht, sein eigenes Heim in ein Smart-Home zu verwandeln. Das mag paradox klingen, aber genau so war es bei mir. Bislang hatte ich in Mietwohnungen viel ein- und wieder ausgebaut, ohne mich endgültig zu entscheiden. Das war für mich und meine Mitbewohner nicht wirklich komfortabel. Immer hat irgendwas nicht ganz funktioniert, weil immer gerade etwas im Umbau war.
Aber jetzt im eigenen Haus sollte es anders werden. Ein fest installiertes Smart-Home-System, das nicht ständig verändert wird. Es war also im Gegensatz zu vorher diesmal eine definitive Entscheidung, was schon etwas Druck aufbaute. Und noch mehr Druck entstand durch all die Fragen in meinem Kopf, die auftauchen, wenn man sich tagtäglich mit Smart-Home beschäftigt: Was soll es können, was soll es nicht tun, was soll in Zukunft dazukommen? Diese und noch viel mehr Fragen geisterten in meinem Kopf herum.
Mein Dilemma mit meinem Smart-Home
Was das Ganze noch erschwert: Das Haus steht in Portugal und ist aus dem Jahr 1960. Eine größere Renovierung gab es seitdem nicht. Für mich ist es grundsätzlich nicht weiter schlimm. Denn das Haus wurde damals mit so viel Liebe zum Detail gebaut, wie man es heute nicht mehr machen würde, weil es schlicht zu teuer wäre.
Was für mich aber etwas problematisch ist: Es gibt keine Zentralheizung. In Portugal ist das keine Seltenheit. Genauer gesagt, war ich in Portugal bislang noch in keinem Haus mit Zentralheizung. Hier heizt man eher mit Kaminöfen, Heizlüfter, Ölradiatoren und Infrarot-Heizstrahlern. Mit Ausnahme des Kaminofen alles energetisch nicht ganz optimal, wenn man es positiv formulieren will.
Glücklicherweise gibt es in unserem Haus zwei Kaminöfen. Richtig viel heizen sie jedoch nicht. Der eine im Wohnzimmer nennt sich „Recuperador de calor“, was bedeutet, dass er Wärme zurückgewinnen und damit besser heizen soll. Wer jedoch wie ich einen Kachelofen aus Deutschland kennt oder eine andere Form von speichernden Kaminöfen, wird ihm jedoch keinen großen Heizwert zusprechen. Holzofen Nummer zwei ist aus energetischer Sicht nicht besser. Es handelt sich um einen offenen Kamin – sehr schön, aber alles andere als optimal, wenn es darum geht einen Raum aufzuheizen.
Frieren in Portugal
Das Ergebnis: Ich hatte in Portugal gefühlt einen kälteren Wetter, als ich ihn je in Deutschland hatte. Schuld daran war aber nicht nur die fehlende Zentralheizung, sondern auch die anfangs eingebauten, einglasigen Fenster. Und das bedeutet: Außentemperatur gleich Innentemperatur. Im Sommer kein Problem, aber im Februar, wenn die Außentemperatur 8 Grad beträgt. Ich saß also mit Jacke vor dem Holzofen, was man sich in Sibirien ganz gut vorstellen kann, aber sicher nicht in Portugal.
Glücklicherweise sind mittlerweile die neuen, mehrglasigen Fenster eingebaut und die Außentemperatur sind gestiegen. Die Frage bleicht jedoch: Wie am besten das Haus aufheizen? Und auch, was man am besten macht, wenn es im Sommer über 40 Grad hat und das Haus kühlen bleiben soll.
Also anders formuliert: Wie wollen wir das Haus klimatisieren und wie lässt sich das Klimatisierungssystem ins Smart-Home integrieren? Genau diese Frage war wohl die schwierigste, die sich mir in den vergangenen Monaten stellte.
Wenn man einen Portugiesen fragt, warum es in Portugal kaum Zentralheizungen gibt, kommt meist die Antwort: „Es ist nur kurze Zeit kalt, deshalb rentiert sich keine Zentralheizung.“ Das ist verständlich, wenn man bedenkt, dass das portugiesische Lohnniveau unter dem deutschen liegt und die Anschaffungskosten für eine Zentralheizung meist deutlich 10.000 Euro liegen. Für einen Portugiesen ist generell die Hitze im Sommer das größere Problem. Sie sehen es sehr pragmatisch: Gegen die Kälte können Sie sich im Winter dicker anziehen, mehr ausziehen wegen der Hitze geht jedoch im Sommer nicht. Darum sind auch Klimaanlagen so beliebt. Und die werden im Winter auch zum Teil zum Heizen verwendet.
Klimaanlage, nein danke
Also eine Klimaanlage. Schon bei dem Gedanken daran, eine Klimaanlage daran zu installieren, sträubt sich alles in mir. Es muss doch eine andere, energieeffizientere Option geben. Zum Beispiel eine eine Wärmepumpe, die heizt und kühlt. Also spiele ich alle Optionen mit einer Wärmepumpe durch. Eine Wärmepumpe mit Erdkollektoren fällt gleich weg. Im Garten gibt es Oliven-, Orangen- und Zitronen-Bäume, die wir nicht opfern wollen. Eine Erdsonde zu bohren, wäre eine Alternative. Doch der steinige Boden, würde das recht schwierig gestalten. Eine andere Option: Das Grundwasser für die Wärmepumpe nutzen. Es gibt schon einen Brunnen im Garten, den man dafür verwenden könnte. Also würde nur noch einer fehlen. Damit es diese Option erst mal der Favorit.
Also zum nächsten Punkt: Wie soll das Haus im Inneren geheizt und gekühlt werden? In Kombination mit einer Wärmepumpe bietet sich vor allem eine Flächenheizung an. Eine Fußbodenheizung einbauen, ist keine Option. Ein Grund, warum wir das Haus gekauft haben, war der schöne Dielenboden im ganzen Haus. Den Boden für die Fußbodenheizung rauszureißen, kommt nicht in Frage. Also die Flächenheizung an die Wände. Das wäre auch positiv fürs Kühlen. Denn kalte Luft steigt ja bekanntermaßen nach unten und würde sich bei einer Fußbodenheizung am Boden stauen. Mit dem Gedanken, die Heizungsleitungen in den Wänden zu verlegen, konnten wir uns aber dann doch nicht so ganz anfreunden. Das würde bedeuten, dass wir keine Schränke an eine Zimmerwand stellen könnten. Außerdem müssten wir beim Bilder aufhängen äußerst vorsichtig sein, damit wir mit dem Nagel keine Leitung treffen.
Die etwas andere Wärmepumpe
Also was bleibt dann noch übrig? Die einzige Möglichkeit, die mir dann noch einfällt, ist die Wärme bzw. Kälte nicht mit Wasser sondern über Luft von der Wärmepumpe in die Räume zu transportieren. Dann hätte wir also eine Wärmepumpe, die über einen Brunnen die Wärme bzw. Kälte aus dem Grundwasser nimmt und über Luft ans Haus abgibt. Bleibt nur das Problem: Ich hab noch nie von einer solchen Kombination bei einer Wärmepumpe gehört.
Was es aber gibt: Wärmepumpen, die die Außenluft nutzen, um über Luft die Innenräume zu temperieren. Und wie nennt man das? Genau, Klimaanlage.
Ich möchte es nicht wahrhaben. Ich spreche mit Herstellern und Heizungsexperten, doch keiner hat eine bessere Option. Also muss es wohl bei der Klimaanlage bleiben. Aber wenn schon, dann eine, bei der sich an das Außengeräte mehrere Innenstationen anschließen lassen.
Erst später komme ich darauf, dass in Portugal Klimaanlagen noch einen entscheidenden Vorteil gegenüber konventionellen Zentralheizungen haben. Sie entfeuchten die Luft. Wie feucht die Luft im Winter werden kann, zeigt ein kleines Beispiel: Um die Kleidung nach dem Waschen im Winter trocken zu bekommen, nutzen viele Portugiesen Luftentfeuchter. In Werten heißt das: Bis zu 95 relative Luftfeuchtigkeit, die mit Netatmo Wetterstation gemessen hat.
Also Anforderung Nummer eins an mein Smart-Home: Sie muss eine Klimaanlage integrieren können.
Smart-Home im Eigenbau und in extra kompliziert
Also, wie ihr vielleicht schon gemerkt habt: Fragen, die bei einem Haus in Deutschland recht einfach zu beantworten sind, können in einem anderen Land ganz schönes Kopfzerbrechen bereiten. Ein zusätzliches Handicap ist, wenn man die Sprache nicht wirklich gut beherrscht. Ich kann mich zwar auf Portugiesisch unterhalten. Aber um im Internet herauszufinden, welche Art von Wärmepumpe am besten geeignet ist, braucht es schon etwas mehr Sprachkenntnisse.
Neben der Heizung gibt es noch eine Sache, die komplizierter ist, als ich eigentlich gedacht hätte: die Elektro-Installation. Sie besitzt im Haus keine Erdung und bei den Lichtschaltern ist kein Neutralleiter verlegt. Ein Neutral-Leiter ist jedoch die Voraussetzung dafür, um über Unterputz-Module die Lichtschalter ins Smart-Home einzubinden. Ohne umfangreiche Umbauarbeiten an der Elektro-Installation werden wir es also kaum auskommen.
Soweit zu den Spezialanforderungen an unser Smart-Home. Im nächsten Teil dieser Serie soll es darum gehen, welche Wünsche unser Smart-Home sonst noch erfüllen soll.